Fashion District und Little Addis Tour
Ich wollte schon ewig mal in den Fashion District, denn die afrikanischen Stoffe mit ihren verrückten farbintensiven Mustern haben es mir angetan. Dieser Inner City Bereich von Johannesburg ist nicht überall sicher und so habe ich mal wieder eine Tour bei Gerald Garner, dem Johannesburg Guide schlechthin, gebucht.
Jeden Mittwoch und Samstag von 9:30 Uhr bis 13:00 Uhr führt Charlie Moyo im Auftrag von Gerald, denn er kann nicht alle Touren selbst durchführen, durch den Fashion District und anschließend durch Little Addis mit einem Lunch in einem äthiopischen Restaurant.
Los geht es wie immer an dem Gebäudekomplex NoOneEloff (Number one Eloff) oder je nach Veranstaltung auch als Joziburg Lane bekannt, der nicht nur Startpunkt aller Touren ist, sondern auch Markt, Veranstaltungslocation und Restaurant. Außerdem beherbergt es Künstlerateliers und Verkaufsstände.
Charlie führt mich zunächst auf den größten Markt in Johannesburg für Muti, der direkt hinter NoOneEloff liegt. Muti heißt eigentlich Zauberei, wird aber verwendet für alles was ein Medizinmann zum Heilen benötigt. Meine Kamera muss ich in der Tasche lassen, denn wir werden schon beim Betreten des Marktes misstrauisch beäugt. Warum, wird schnell klar, denn hier bekommt man alles.
Kräuter, Wurzeln, Felle, Federn, Eier, Panzer, Haare, Hufe, Schädel und Füße verschiedener Tiere und und und…..Und ich möchte gar nicht so genau wissen, was ich nicht zu sehen bekomme.
Auf Planen liegen kleingehackte aromatisch riechende Kräuter und Wurzeln zum Trocknen aus. An den Ständen hängen oder liegen Kadaver von Tieren, die entsprechend übel riechen.
Was für uns, die wir mit westlicher Medizin groß geworden sind, eher abstoßend wirkt, ist für die Menschen, die traditionelle afrikanische Medizin anwenden, von großer Bedeutung und das soll respektiert werden. Wer das nicht tut, ist nicht gern gesehen.
Jetzt geht es aber los zum Fashion District. Auf dem Weg dorthin kommen wir an schönen alten Gebäuden vorbei. Cuthbert Building, ein Gebäude, dessen kleines Türmchen mit einem Dach wie ein Hütchen markant an der der Ecke Eloff und Pitchard Street steht. Es ist ein National Monument und wurde kürzlich renoviert. Da es ganz in der Nähe des Gerichts liegt, haben Kanzleien dort ihre Büros. Direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite steht seit 1887 das viktorianische Markham Gebäude und ist mit seiner schönen alten Uhr wirklich nicht zu übersehen.
Nun geht es in die für Mode bekannte Pitchard Street. Vorbei an dem Monument von Captain von Brandis, der der erste Kommissar des Mining District war.
Nur ein paar Meter weiter steht das prächtige Gebäude des Obersten Gerichtshof der Provinz Gauteng und zeugt vom Reichtum der einstigen Goldgräberstadt.
Wir nähern uns dem Fashion District und so reiht sich Stoffladen an Stoffladen. Wer wie ich diese Stoffe liebt, wird vor Begeisterung nicht mehr wissen, wo er (sie) zuerst hingucken soll.
Diese üppigen Farben, Muster und die gewachste Oberfläche sind einfach was Einzigartiges. Und wir haben noch nicht einmal das Zentrum des Districts erreicht.
Wir sind im Zentrum des Fashion District angekommen. Nicht zu übersehen durch die Turnschuhplastik auf dem Platz und dem Outdoor Catwalk, wo Studenten des nahe gelegenen Fashion College ihre neuesten Kreationen zeigen. Wir machen aber erstmal eine kleine Pause im Café mit dem schönen Streetart Gemälde im Aussenbereich, um was Kaltes zu trinken und Kraft zu tanken für das Stöbern in den Boutiquen um uns herum. Jeden Samstag findet hier zwischen 9 und 14 Uhr auch ein Markt statt, bei dem Live Musik gespielt wird und man nach Herzenslust Accessoires und mehr kaufen kann.
Gestärkt schlendern wir von Boutique zu Boutique und bestaunen die Kreationen. Kleider, Röcke und Blusen sind nach wie vor Hauptbestandteil der Kollektionen und so geschnitten, dass es den weiblichen Formen und dem wunderschönen Teint der schwarzen Afrikanerinnen schmeichelt. Der traditionelle Wachsstoff trägt dazu bei, den Rüschen und Plissees Halt zu geben, um kurvige Körperpartien hervorzuheben. Aber keine Sorge, es gibt genug Auswahl und es lässt sich sicher ein Kleidungsstück finden, dass für Frauen geeignet ist, deren Körperform weniger Kurven aufweist. Farbenfroh und mit starken Mustern wird es auf jeden Fall der Hingucker.
Für die Herren gibt es selbstverständlich auch die für Südafrika typischen farbenfrohen Hemden. Ein Augenschmaus, für all diejenigen, die sonst nur die einfarbigen oder karierten Hemden der europäischen Männer zu sehen bekommen.
Wir überqueren die Pitchard Street und besuchen nun einen Stoffladen der besonderen Art. Er beherbergt nicht nur eine Vielzahl original afrikanischer Wachsstoffe, sondern ist auch bekannt für die große Auswahl an original Shweshwe Stoffen von Da Gama Textiles.
Absolut überwältigt von der Stoffauswahl, der Entscheidung, welchen Stoff man mitnehmen soll, denn einer ist schöner als der andere, und dem erfolgreichen Kauf, verlassen wir das Geschäft. Nach einem Walk kreuz und quer durch die Straßen, gelangen wir in das Gebiet, das Little Addis genannt wird.
Hier geht es ähnlich turbulent zu wie ich es kürzlich in Bangkoks Chinatown erlebt habe. Kein Wunder, dass ich mich bald nicht mehr orientieren kann und froh bin, Charlie an meiner Seite zu haben.
In dem äthiopischen Restaurant, das ich im Leben nicht allein gefunden hätte, haben wir unseren wohlverdienten Lunch. Das Restaurant befindet sich in einer Art Mall im obersten Stockwerk und verfügt nur über einen kleinen, aber sehr gemütlich eingerichteten Speiseraum. An einem Tisch sitzen Rastafaris, an den anderen ebenfalls Männer. Ich bin neben der Bedienung und den Köchinnen, für eine Weile die einzige Frau dort und weil es eine intime Atmosphäre wie in einem Wohnzimmer ist und wir angeregt plaudern, vergesse ich zu fotografieren.
Das Essen kommt traditionell auf einem großen runden Tablett, das mit Injera, einem weichen Sauerteigfladenbrot ausgelegt ist. Darauf befinden sich kleine, aber ausgesprochen viele Portionen verschiedenster Köstlichkeiten. Gegessen wird mit den Fingern. Man reißt ein Stück Injera, das über das Tablett lappt, ab, nimmt dieses zwischen Daumen und Ring- und Mittelfinger und greift damit den ausgewählten Happen und steckt alles zusammen in den Mund. Nach meinem ersten äthiopischen Essen bin ich hungrig nach Hause gegangen, denn diese Art zu essen habe ich nicht besonders gut hingekriegt.
Diesmal klappt es aber schon recht gut und ich genieße die überaus gut abgeschmeckten Leckerbissen. Charlie hat für uns die vegetarische Variante bestellt, aber es gibt auch Fleischgerichte.
Satt und zufrieden verlassen wir das Restaurant und trinken zum Abschluss der Tour noch einen original äthiopischen Kaffee im Lokal eine Etage tiefer.
Auf dem Rückweg zum NoOneEloff kommen wir noch am Carlton Center vorbei, das einst das höchste Gebäude Afrikas war und über eine Aussichtsetage verfügt, deren Besuch bei der Red Bus Tour ein Muss ist. Man hat dort einen Rundumblick auf Johannesburg. Das ganze Gebiet um das Carlton Center wird demnächst von der ABSA Bank aufgehübscht und erfährt dadurch wieder die Aufmerksamkeit, die es verdient. Bis 1997 stiegen im angrenzenden Carlton Hotel alle ab, die Rang und Namen hatten, dort wurden Filme gedreht und politisch wichtige Entscheidungen getroffen. Leider steht es jetzt seit über 20 Jahren leer.
Wer Lust hat diese Tour einmal selbst zu machen kann sie unter http://www.joburgplaces.com/ buchen. Viel Vergnügen!