Gegen das Vergessen
Selbstportrait, Lotte Laserstein
Noch bis zum 17.03.2019 zeigt das Städel in Frankfurt die Ausstellung von “Angesicht zu Angesicht” mit Werken von Lotte Laserstein.
Lotte Laserstein gehört zu den Künstlern der vergessenen Generation. Sie waren zwischen den beiden Weltkriegen am Beginn ihrer Karriere und noch längst nicht etabliert. Nach dem 2. Weltkrieg konzentrierte sich die Kunstwelt auf die zumeist männlichen Künstler und deren Werke der Abstrakten Malerei.
Lotte Laserstein wurde 1898 in Ostpreußen geboren und zog nach dem Tod des Vaters, 4 Jahre später, mit Mutter und Schwester nach Danzig zur Großmutter. In einem reinen Frauenhaushalt groß geworden, mit starken Frauen als Vorbilder, wußte Lotte Laserstein schon früh, dass sie Künstlerin werden, ein selbstbestimmtes Leben führen und vor allem nicht heiraten wollte.
1921 schrieb sie sich an der Akademischen Hochschule für Bildende Künste in Berlin ein. 1925 wurde sie Meisterschülerin bei Erich Wolfsfeld und lernte dort ihre “Freundin fürs Leben” und Modell Traute Rose kennen.
1927 machte Lotte Laserstein ihren Abschluss an der Hochschule als eine der wenigen Frauen in der Weimarer Republik. Bis 1919 war es Frauen generell verwehrt ein akademisches Studium aufzunehmen. Sie war stolz auf das Erlernte, auch wenn die männlichen Künstler dieser Zeit ein Studium für eine künstlerische Karriere nicht mehr für unbedingt notwendig hielten. Im gleichen Jahr eröffnet sie ein Studio, gibt Unterricht und macht sich einen Namen mit ihren an den Realismus des 19. Jahrhunderts angelehnten Gemälden.
Ihre Karriere endet zunächst mit der Machtergreifung Hitlers. Zwar war sie protestantisch getauft und erzogen, aber drei ihrer Großeltern waren jüdischen Glaubens und so wurde sie auch als Jüdin eingestuft. Eine Aufnahme in die Reichskulturkammer und damit der Kauf von Malutensilien und die Teilnahme an Ausstellungen wurde ihr verwehrt. Ihr wurde die Grundlage für ein Einkommen genommen. 1937 emigrierte sie nach Schweden.
Auch in Schweden malte sie weiter. Es waren zumeist Auftragsarbeiten. Sie malte Portraits und hielt sich damit finanziell über Wasser. Aus Briefen an Traute Rose ist bekannt, dass diese Malerei sie nicht mit Freude erfüllte. An ihre Erfolge in Deutschland konnte sie nicht anknüpfen, auch weil sie in Schweden nur geduldet war und nicht in die dortige Künstlergemeinschaft aufgenommen wurde.
Erst 1987 wurde sie wiederentdeckt und ihre Bilder in der Agnew's and the Belgrave Gallery in London ausgestellt. Auch 1990 gab es am gleichen Ort eine Ausstellung, diesmal aber zusammen mit Werken ihres Lehrers Erich Wolfsfeld und einem ihrer Schüler, Gottfried Meyer.
Im Januar 1993 stirbt Lotte Laserstein in ihrer Wahlheimat Kalmar, Schweden. Sie wurde 94 Jahre alt. Zeit ihres Lebens hielt sie den Kontakt zu Traute Rose und heiratete doch.
Was mir besonders an den Bildern von Lotte Laserstein gefällt ist, dass sie mit der Technik der alten Meister, die moderne, gebildete, emanzipierte und sportliche Frau in der Weimarer Republik realistisch portraitiert. Die Aktmalereien, die sie von Traute Rose machte, sind ein schönes Beispiel dafür, dass der nackte Körper einer Frau einfach nur schön anzusehen sein kann ohne verspielt oder aufreizend zu wirken. Sie überliefert uns das Bild der Frauen, die das Wahlrecht für Frauen und den Zugang zur höheren Bildung erstritten haben. Nicht auszuträumen, wo wir Frauen heute gesellschaftlich stünden, hätten die Nazis nicht wieder die Mutter am Herd als Ideal postuliert.
Wir dürfen nicht vergessen!
Wer noch mehr über die Ausstellung erfahren möchte, der sollte unbedingt nach Frankfurt. Die Städel App mit dem Audioguide zur Ausstellung kann ich nur wärmstens empfehlen. So kann man entspannt schon zuhause die Informationen über die Künstlerin und die Ausstellung aufnehmen und dann im Museum die Kunstwerke genießen. Für alle anderen ist sie Ersatz für den Audioguide, den man an der Museumskasse ausleihen kann.
Alle weiteren Informationen findet man hier: https://www.staedelmuseum.de/de