Latitude -26.2041028, Johannesburg-meine Stadt

Latitude -26.2041028 steht für den Breitengrad von Johannesburg. Hier entstanden meine Fotos. Jede Serie erzählt eine kleine Geschichte über die Menschen, die dort leben und arbeiten. 

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Die Serie, die ich für meine erste Ausstellung ausgewählt habe, ist aus einem immer noch aktuellen politischen Thema entstanden: Fluchtursache Armut.

Als 2015 über eine Million Flüchtende nach Deutschland kamen und sich viele Bürger engagierten, um ihnen zu helfen, war ich sehr beeindruckt. Ich war mir sicher, dass ich ebenso helfen würde. Nur war ich zu der Zeit nicht in Deutschland, sondern lebte in Südafrika.
Ich verfolgte die Nachrichten übers Internet und war in den sozialen Medien unterwegs. Schon wenige Monate nach der, auch in Südafrika hoch gelobten “Willkommenskultur”, begann der Hass. Der traf vor allem all jene, die nicht aus Kriegsgebieten nach Deutschland kamen. Von den politisch Rechten wurden sie als Schmarotzer unseres Sozialsystems beschimpft und das ist noch eine der harmloseren Beschreibungen. Mich haben diese Hassposts angewidert, denn sie schienen genau von denen zu kommen, die noch nie wirklich mit armen und um ihre Existenz kämpfende Menschen in Kontakt gekommen sind.

Würde nicht jeder von uns, der in einer wirtschaftlich desolaten Situation steckt, den Weg der Flucht wählen? Wenn ich mich tagtäglich abrackern muss für einen Lohn, der mir gerade so eben das Überleben sichert, würde ich nicht flüchten wollen? Wenn ich machtlos bin gegen Korruption, Willkür und Gesetze, die mir das Leben schwer machen und mich in eine ausweglose Situation treiben, würde ich nicht flüchten wollen? Ist wirtschaftliche Not nicht auch ein akzeptabler Fluchtgrund?

2017 ergab sich für mich die Gelegenheit den Alltag der Menschen, die in solch einer desolaten wirtschaftlichen Situation stecken, fotografisch festzuhalten. Aus dem 12. Stock eines Gebäudes in Johannesburg habe ich ihr Leben, das auf der Straße sichtbar ist, dokumentiert.

Out of the Shadow

Aus dem Schattendasein der Gesellschaft treten und ein besseres Leben führen zu können, das ist meist der Wunsch der wirtschaftlich Schwachen.

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Wie es zu dieser Fotoserie gekommen ist:

Viel zu früh werde ich wach. Es ist 5.43 Uhr. Von der Straße weit unter mir dringen laute Geräusche hinauf. Unglaublich viele Menschen sind schon unterwegs und ihre Körper werfen lange Schatten auf den Asphalt. Vom Anblick des Treibens auf der Straße bin ich fasziniert und beginne zu fotografieren. Es ist November 2017 und ich bin nach 6 Monaten endlich wieder in Johannesburg.

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Jeden Morgen bahnt sich ein nicht abreißender Strom von Fußgängern den Weg durch das Viertel.  Kreuz und quer über die Straße werden Koffer, Taschen, Waren aller Art und Müll transportiert. Auf dem Rücken, dem Kopf, in Säcken, Bündeln, Plastiktüten, auf Karren und in Einkaufswagen. Ich halte das tägliche Leben der Menschen fest, die weit vor Sonnenaufgang aufstehen, um zu ihren oftmals weit entfernten Arbeitsplätzen zu gelangen. 

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Es sind Männer und Frauen, die als Hausangestellte in den reicheren Vororten Johannesburgs arbeiten. Es sind Hilfskräfte, die auf dem Bau oder für die Straßenreinigung, als Straßenhändler oder Müllsammler arbeiten. Was sie alle vereint ist harte Arbeit und das Streben nach einem besseren Leben. 

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Sonntags verändert sich die Szenerie auf der Straße. Die Arbeiter haben heute ihren freien Tag. Dafür sind frühmorgens schon die ”Sunday People“ unterwegs. Gekleidet in weiß, grün oder blau, je nachdem welcher Religionsgemeinschaft sie angehören und welche Funktion sie innerhalb der Gemeinschaft haben. Den ganzen Tag über hört man Predigten, Gebete und Gesang. Sie tanken Kraft für die Herausforderungen der nächsten Woche.

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Wer nicht die Gottesdienste besucht, nutzt die Zeit für die Hausarbeit. Sonntag ist auch Waschtag. Der Duft von frisch gewaschener Wäsche hat etwas heimeliges an sich. Dort, wo Wäsche zum Trocknen aufgehängt wird, da kümmert man sich um sich selbst und um andere. Hier ist die Hoffnung auf ein besseres Leben noch nicht verloren.

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Ein von Kriminellen besetztes Haus (rechts). Immer noch gibt es sie, Das Gebäude wird gekapert und die Wohneinheiten werden ohne jegliche Infrastruktur weiter vermietet. Deshalb wird der Müll einfach aus dem Fenster geworfen.

Ein von Kriminellen besetztes Haus (rechts). Immer noch gibt es sie, Das Gebäude wird gekapert und die Wohneinheiten werden ohne jegliche Infrastruktur weiter vermietet. Deshalb wird der Müll einfach aus dem Fenster geworfen.

Südafrika ist vollständig beschult, aber die Qualität des Unterrichts, der Materialien und der Gebäude lassen oft zu wünschen übrig. Südafrika braucht gute Schulen, die sich jeder leisten kann.

Bildung bedeutet Aufklärung, Wissen und Verständnis für den jeweils anderen und vor allem die Aussicht auf einen Beruf, der das Leben aussichtsreicher macht.

Bildung ist der Ausweg! Exit!

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Januar 2020 wird die komplette Serie im Rathaus der Stadt Ingelheim am Rhein ausgestellt. Galeristen, Institutionen oder Kunstfreunde, die sich für meine Fotos interessieren, können mich unter Contact erreichen.

Ebenso freue ich mich über Sponsoren, die mich bei der Finanzierung der Drucke unterstützen möchten. Wer noch mehr Fotos im Vorfeld der Ausstellung sehen möchte, kann das unter Art Projects .

Danke für das Lesen dieses Blogs.

Be ubuntu,

Karin Abramowsky